Das
klingt wie ein reißerischer Titel, aber die Frage ist ernst gemeint.
Unter
SEO versteht man Suchmaschinenoptimierung von Texten. Texte werden dabei so
umgeschrieben, dass sie neben allen wichtigen Informationen, die der jeweilige
Text geben soll, auch bestimmte Keywords enthalten.
Diese
Schlüsselbegriffe sind es, auf die es ankommt. Wenn ein Suchender im Netz bei
Google oder einer anderen Suchmaschine Begriffe eingibt, um etwas zu finden,
dann handelt es sich bei diesen Begriffen um Keywords. Eine Firma will mitsamt
ihrem Text gefunden werden. Wenn Google diese Keywords im Text oder gar in der
Überschrift findet, wird dieser Text als Suchergebnis angezeigt. Das ist das
erklärte Ziel des Unternehmens.
Leider
führte diese von Google und Co. erzwungene Textoptimierung zu einer kompletten
Verödung unserer deutschen Sprache.
Deutsch
ist eine Sprache, die sich auszeichnet durch Substantivketten, die
zusammengeschrieben werden (statt, wie im englischen getrennt). Keywords werden
aber in der Regel nicht zusammen eingetippt.
Beispiel 1: Der User besitzt ein Auto,
das mit Gas fährt und sucht eine Tankstelle. Er gibt also bei Google „tankstelle“
ein und als er dann nur normale Tankstellen angezeigt bekommt, tippt er
dahinter ein: „gas“. Nicht etwa Gastankstelle, das wäre zu einfach. Also muss die
Tankstelle (der Anbieter) reagieren und nicht in seine Homepage schreiben „Wir
sind eine Gastankstelle“, sondern schreibt: „Wir sind eine Tankstelle für Gas“.
Klingt scheiße, wird aber gefunden. Wunderbar. Und damit es über Google auch
garantiert gefunden wird, steht sicherheitshalber nochmal irgendwo
Gas-Tankstelle.
Beispiel 2: Ein User sucht ein Rezept
für einen Kuchen. Aber nicht irgendeinen Kuchen, sondern einen „kuchen mit sahne“.
Eine Fertigteigfirma hat auf ihrer Seite auch ein paar Rezepte, die man mit
ihrem Fertigteig kombinieren kann. Da Kuchen mit Sahne aber doof klingt,
schreibt sie einfach Sahne-Kuchen. Der Durchkopplungsbindestrich ist im
Deutschen durchaus erlaubt, allerdings nur dort, wo es unbedingt nötig ist, wie
beispielsweise bei dem Wort Gastanker, was nicht etwa Gast-Anker heißt, sondern
Gas-Tanker. Sahnekuchen gehört aber nicht dazu.
Das
mag anfangs nicht weiter ins Auge fallen, solange Begriffe aneinandergekoppelt
werden, die ohne Fugenlaute auskommen. Aber dann wird’s irgendwie gruselig.
Beispiel 3: Der User möchte ein Gedicht
schreiben und sucht dafür passende Inspiration bei schon fertigen Liedern und
Gedichten und gibt ein „gedicht lied mit liebe“ und neben all den Liedern,
die die Suchmaschinen dort anzeigen,
findet sich mit Sicherheit auch das Liebes-Gedicht.
Du
glaubst mir nicht? Du willst mehr Beispiele?
Das Hochzeits-Kleid
Das Verkehrs-Zeichen
Die Vermögens-Steuer
Und
irgendwann fallen dann auch die Bindestriche weg.
Nach
einer Weile wundert sich keiner mehr. Klar, die Bildzeitung macht
das ja schon seit Jahren und hat den Verdummungsirrsinn schließlich formidabel
eingeleitet. Und plötzlich beginnt man Dinge zu trennen und mit Bindestrich zu
versehen, die eigentlich untrennbar sind, wie Kriegs-Treiber, Garten-Nachbarn, Speise-Karte,
Leit-Planke oder Schaum-Stoff.
Das
Schlimme daran: Es stört keinen! Noch schlimmer: Es wird sogar in Foren und Kommentaren
adaptiert! Menschen, die jahrelang eine ordentliche deutsche Schule durchlaufen
haben, können plötzlich kein korrektes Deutsch mehr schreiben! Wie konnte das
passieren?
Ganz
einfach, durch SEO. Die krampfhafte Keywordbastelei hat dazu geführt, dass
Unternehmen mit Vorbildfunktion Texte mit solchen Wörtern verfasst und online
gestellt haben.
„Und
wenn die das schreiben, dann muss es ja richtig sein, ne? Alle anderen machen
es ja auch so. Dann stimmt das wohl so.“
Ein
Großteil der Deutschen denkt so. Ein Großteil der Deutschen hinterfragt nicht,
sondern übernimmt einfach, was er sieht. Und nun hat Google seine Algorithmen
neu gemacht – Pinguin oder Panda, oder wie die heißen – und nun ist Bindestrich
plötzlich nicht mehr schick. Texte mit Substanz sind gefragt. Also alles wieder
umschreiben, die Keywords wieder anders einfügen und mit einem mutigen „Sahnekuchen“
auf die umfassenden Kontextsuchqualitäten der Suchmaschinen vertrauen.
Das
Falsche aber bleibt in den Köpfen der Menschen zurück.
Bildnachweise:
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Wilke via
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