Mit
diesem Blogbeitrag möchte ich mich in eine kleine Sommerpause verabschieden –
keine Angst, in 2-3 Wochen bin ich wieder da. Ich hoffe, meine Leserschaft
bleibt mir Treu. Nach der Sommerpause winkt eventuell auch bald eine kleine
Überraschung.
Den
nun folgenden Text verfasste ich 2002. Es
geht ums Sommerloch. Das Diesjährige ist ja geprägt von Griechenland
und Rekord-Hitze.
Was sonst so los war…
Sommerloch-Mania
Sommerloch, jeder hat schon mal
den Begriff Ozonloch oder Schwarzes Loch gehört, aber was um alles in der Welt
ist ein Sommerloch. Für Tageszeitungen ist es die schlimmste chronische
Krankheit, die es gibt. Fußballer und Politiker machen Pause und jedes noch so
blöde Ereignis ist den Zeitungen recht, um wenigstens etwas zu schreiben. Das
nennt man allgemein Sommerloch.
Doch meist reicht es nicht, die
Seitenränder, die Schrift und die Zeilenabstände zu
vergrößern - von übermäßiger Werbung ganz zu schweigen - nein, manchmal muss auch die Überschrift eine halbe
Seite groß sein, um der Welt zu zeigen, "Hey Leute, es ist immer noch was
los, seht her unsere Zeitung ist immer noch voll."
Wenn auch diese Methoden nichts
mehr nützen, müssen andere Saiten aufgezogen werden. Jedes Jahr denken sie sich
was Neues aus. Was jetzt passiert, nennt man Hund beißt Mensch -
Mensch
beißt Hund-Paradox.
Jede Zeitung hat ihre eigenen
Tricks, es ist wie bei den Tieren während einer großen Dürre, jeder kämpft ums
Überleben, darum zuerst die beste Nachricht zu bekommen. Wie die Katze, die die
Maus fängt; große, überlebensfähigere Zeitungen kaufen kleinere auf und setzen
diese Aktion dann drei Tage lang auf die Titelseite:
Tageblatt kauft Abendblatt auf
Schon in der zweiten Woche taucht
Nessie plötzlich wieder aus den Fluten auf und Bigfoots und Yetis wurden
gesichtet. Doch da auch diese Story bald wiederlegt ist, braucht man neues
Material. Durch Nachrichten, wie:
Mann klagt Nachbar wegen
schlafstörender Lampe an
und
Maus nagt Stromkabel an
wird der nächste Tag überbrückt,
die Hälfte der Seite nehmen allerdings Werbung für Medikamente, Ohrenstöpsel,
Anti-Schuppenmitteln, Kalktabletten, Handcremes, Internetanbieter, Rasenmäher,
Optiker, Handyanbieter und Möbelhäuser ein.
Einen Tag später landet dann das
erste Ufo, doch schon nach zwei Tagen ist die Alieninvasion abgeblasen und man
weiß wieder nicht, was man schreiben soll.
Die ersten Bankräuber stehen Pose
für das Foto vom größten Bankraub der Geschichte, von dem am nächsten Tag
geschrieben werden soll. Brav stehen alle still und der Fotograf verrückt noch
mal den Gasbrenner, damit man das Zahlenschloss des Tresors nebst Komplicen und
nebenliegendes Werkzeug besser sehen kann. Da der Schwindel aber schon am
nächsten Tag aufgeflogen ist, bat man die Leser diskret um Anzeigen und
verringerte den üblichen Zeilenpreis gleich um die Hälfte. Zwei
Immobilienverkäufer brauchten je eine Seite für ihre neuen Musterhäuser und mit
einem Riesen-Preisrätsel und vielen Bildern ist
auch die nächste Ausgabe gesichert.
Dann die große Überraschung am
übernächsten Morgen nach der Ziehung der Lottozahlen:
wird gefragt, denn die Zahlen
haben eine ungewöhnliche Reihenfolge von 1, 2, 3, 4, 6, 8 und der Zusatzzahl 5
und Superzahl 7. Das ist das Thema der nächsten Woche, allerdings rutscht es
Tag für Tag eine Seite weiter nach hinten.
Dann folgt die Formel, die immer
hilft. Man engagiert einen Spion und lässt den Politikern im Urlaub
nachspionieren. Das füllt wieder die Sparten der nächsten Tage, besonders freut
man sich, wenn man einen Politiker bei peinlichen Situationen erwischt. Eines
der führenden Königshäuser sorgt mal wieder für einen Skandal und dann wird ein
Sturmtief angekündigt, was es in Wirklichkeit gar nicht gibt.
Während der nächsten Tage gibt es
an allen Orten der Erde sämtliche Katastrophen im Schnelldurchlauf von
Vulkanausbruch bis Zugunglück.
In der nächsten kritischen Phase
werden Inlandsprobleme angesprochen und die eigene Stadt wird zur Weltmetropole
gemacht.
Die Geburt eines Elefantenbabys
im heimischen Zoo sorgt für Furore und neuerdings soll ein Krokodil, das seinem Besitzer entlaufen ist, im Badesee rumplanschen. Jedes berühmte Gebäude in der
Stadt wird plötzlich saniert und in der Zeitung jeden Tag über die
Entstehungsgeschichte und die einzelnen Bauphasen von jedem Gebäude gesprochen.
Auch die guten Fernsehshows legen
eine Sommerpause ein und die Zeitungen aller umliegenden Städte versuchen ein
Interview mit dem Moderator zu bekommen, der seinen Urlaub hier verbringt. Und
obwohl noch niemand jemals von dem Typ gehört hat, interessiert alle, was er zu
sagen hat.
Der Sommer hatte seinen Höhepunkt
erreicht, man schreibt über ungewöhnliche Temperaturen, die gar nicht so
ungewöhnlich sind - schließlich haben wir ja Sommer. Warmes Sommerwetter wird
eine Woche lang zur
Rekord-Hitze
aufgeblasen.
Und Schlagzeilen, wie:
Zwei Tote durch Hitzeschlag
und
Autofahrverbot wegen
Smoggefahr
rufen den natürlichen
Gesundheitssinn des Menschen auf den Plan und Artikel gegen Drogen, Zigaretten
und Alkohol werden wieder aufgerollt. Plötzlich sind wieder alle gegen das
Abtreiben und auch die geklonte Katze, Kohlekraftwerke oder Gen-Mais sind mehr
als out.
Als nächste Phase fragt man bei
der Polizei nach Artikeln. Meist kommt da nicht mehr raus, als:
Parksünder auf Parkplatz
erwischt
Keiner freut sich darüber,
jedenfalls nicht äußerlich. Schwere Unfälle, Wald und Hausbrände, verursacht
durch die hohen Temperaturen, Tankerunglücke, Politkämpfe im Nahen Osten,
Amokläufe, Anschläge und andere Hiobsbotschaften heitern den
Tageszeitungsalltag etwas auf.
Nachdem irgendein Unbekannter
unter beruflichen Terroristen Flowerpower gesäht hat und alle Brände gelöscht
hat, verlegt man sich darauf nach dem Ungewöhnlichen zu suchen. Man sucht nach
Leuten, die verrückt genug sind einen Guinness Rekord zu brechen. So steigt die
Anzahl der verkauften Zeitungen an.
Wie bei einem Adventskalender
werden die Tage bis zum Anfang der neuen Fußballsaison gezählt. Bis dieser Tag
erreicht ist, hat fast jeder Trainer in der Zeitung sein Statement zur neuen
Saison abgegeben. Das diesjährige Sommerloch ist gestopft, mal sehen, was wir
nächstes Jahr schreiben.
Wahrscheinlich das:
Ihr denkt sicher, was in den USA passiert, ist krass. Dann wart ihr aber wahrscheinlich noch nie in Münster. (via Frank Reinker) pic.twitter.com/LpaS5BapBM
— Ralf Heimann (@ralfheimann) July 28, 2020
Kurioses zum
Weiterlesen:
Wenn
es eine Antilope gibt, gibt es dann auch eine Lope? Sinnvolle Antworten auf
Sinnlose Fragen – Teil 1 (und natürlich auch die Links zu den anderen 4
Teilen)
Junges
Gemüse – Lustige Fehler 5 (und natürlich auch die Links zu den anderen
Fehler-Blogposts)
Bildnachweise:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sommerloch_Schild.jpg - selbst fotografiert (Klaus Graf) via wikimedia Commons
http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/43429300.jpg