Sonntag, 12. März 2017

Und jährlich grüßt das Sommerloch



Mit diesem Blogbeitrag möchte ich mich in eine kleine Sommerpause verabschieden – keine Angst, in 2-3 Wochen bin ich wieder da. Ich hoffe, meine Leserschaft bleibt mir Treu. Nach der Sommerpause winkt eventuell auch bald eine kleine Überraschung.

Den nun folgenden Text verfasste ich 2002. Es geht ums Sommerloch. Das Diesjährige ist ja geprägt von Griechenland und Rekord-Hitze. Was sonst so los war…

Sommerloch-Mania

Sommerloch, jeder hat schon mal den Begriff Ozonloch oder Schwarzes Loch gehört, aber was um alles in der Welt ist ein Sommerloch. Für Tageszeitungen ist es die schlimmste chronische Krankheit, die es gibt. Fußballer und Politiker machen Pause und jedes noch so blöde Ereignis ist den Zeitungen recht, um wenigstens etwas zu schreiben. Das nennt man allgemein Sommerloch.
Doch meist reicht es nicht, die Seitenränder, die Schrift und die Zeilenabstände zu vergrößern - von übermäßiger Werbung ganz zu schweigen - nein, manchmal muss auch die Überschrift eine halbe Seite groß sein, um der Welt zu zeigen, "Hey Leute, es ist immer noch was los, seht her unsere Zeitung ist immer noch voll."
Wenn auch diese Methoden nichts mehr nützen, müssen andere Saiten aufgezogen werden. Jedes Jahr denken sie sich was Neues aus. Was jetzt passiert, nennt man Hund beißt Mensch -
Jede Zeitung hat ihre eigenen Tricks, es ist wie bei den Tieren während einer großen Dürre, jeder kämpft ums Überleben, darum zuerst die beste Nachricht zu bekommen. Wie die Katze, die die Maus fängt; große, überlebensfähigere Zeitungen kaufen kleinere auf und setzen diese Aktion dann drei Tage lang auf die Titelseite:
Tageblatt kauft Abendblatt auf
Schon in der zweiten Woche taucht Nessie plötzlich wieder aus den Fluten auf und Bigfoots und Yetis wurden gesichtet. Doch da auch diese Story bald wiederlegt ist, braucht man neues Material. Durch Nachrichten, wie:
Mann klagt Nachbar wegen schlafstörender Lampe an

und
Maus nagt Stromkabel an

wird der nächste Tag überbrückt, die Hälfte der Seite nehmen allerdings Werbung für Medikamente, Ohrenstöpsel, Anti-Schuppenmitteln, Kalktabletten, Handcremes, Internetanbieter, Rasenmäher, Optiker, Handyanbieter und Möbelhäuser ein.
Einen Tag später landet dann das erste Ufo, doch schon nach zwei Tagen ist die Alieninvasion abgeblasen und man weiß wieder nicht, was man schreiben soll.
Die ersten Bankräuber stehen Pose für das Foto vom größten Bankraub der Geschichte, von dem am nächsten Tag geschrieben werden soll. Brav stehen alle still und der Fotograf verrückt noch mal den Gasbrenner, damit man das Zahlenschloss des Tresors nebst Komplicen und nebenliegendes Werkzeug besser sehen kann. Da der Schwindel aber schon am nächsten Tag aufgeflogen ist, bat man die Leser diskret um Anzeigen und verringerte den üblichen Zeilenpreis gleich um die Hälfte. Zwei Immobilienverkäufer brauchten je eine Seite für ihre neuen Musterhäuser und mit einem Riesen-Preisrätsel und vielen Bildern ist  auch die nächste Ausgabe gesichert.
Dann die große Überraschung am übernächsten Morgen nach der Ziehung der Lottozahlen:
War Fortuna besoffen?
wird gefragt, denn die Zahlen haben eine ungewöhnliche Reihenfolge von 1, 2, 3, 4, 6, 8 und der Zusatzzahl 5 und Superzahl 7. Das ist das Thema der nächsten Woche, allerdings rutscht es Tag für Tag eine Seite weiter nach hinten.
Dann folgt die Formel, die immer hilft. Man engagiert einen Spion und lässt den Politikern im Urlaub nachspionieren. Das füllt wieder die Sparten der nächsten Tage, besonders freut man sich, wenn man einen Politiker bei peinlichen Situationen erwischt. Eines der führenden Königshäuser sorgt mal wieder für einen Skandal und dann wird ein Sturmtief angekündigt, was es in Wirklichkeit gar nicht gibt.
Während der nächsten Tage gibt es an allen Orten der Erde sämtliche Katastrophen im Schnelldurchlauf von Vulkanausbruch bis Zugunglück.
In der nächsten kritischen Phase werden Inlandsprobleme angesprochen und die eigene Stadt wird zur Weltmetropole gemacht.
Die Geburt eines Elefantenbabys im heimischen Zoo sorgt für Furore und neuerdings soll ein Krokodil, das seinem Besitzer entlaufen ist, im Badesee rumplanschen. Jedes berühmte Gebäude in der Stadt wird plötzlich saniert und in der Zeitung jeden Tag über die Entstehungsgeschichte und die einzelnen Bauphasen von jedem Gebäude gesprochen.
Auch die guten Fernsehshows legen eine Sommerpause ein und die Zeitungen aller umliegenden Städte versuchen ein Interview mit dem Moderator zu bekommen, der seinen Urlaub hier verbringt. Und obwohl noch niemand jemals von dem Typ gehört hat, interessiert alle, was er zu sagen hat.
Der Sommer hatte seinen Höhepunkt erreicht, man schreibt über ungewöhnliche Temperaturen, die gar nicht so ungewöhnlich sind - schließlich haben wir ja Sommer. Warmes Sommerwetter wird eine Woche lang zur
Rekord-Hitze
aufgeblasen.
Und Schlagzeilen, wie:
Zwei Tote durch Hitzeschlag
und
Autofahrverbot wegen Smoggefahr

rufen den natürlichen Gesundheitssinn des Menschen auf den Plan und Artikel gegen Drogen, Zigaretten und Alkohol werden wieder aufgerollt. Plötzlich sind wieder alle gegen das Abtreiben und auch die geklonte Katze, Kohlekraftwerke oder Gen-Mais sind mehr als out.
Als nächste Phase fragt man bei der Polizei nach Artikeln. Meist kommt da nicht mehr raus, als:
Parksünder auf Parkplatz erwischt
Keiner freut sich darüber, jedenfalls nicht äußerlich. Schwere Unfälle, Wald und Hausbrände, verursacht durch die hohen Temperaturen, Tankerunglücke, Politkämpfe im Nahen Osten, Amokläufe, Anschläge und andere Hiobsbotschaften heitern den Tageszeitungsalltag etwas auf.
Nachdem irgendein Unbekannter unter beruflichen Terroristen Flowerpower gesäht hat und alle Brände gelöscht hat, verlegt man sich darauf nach dem Ungewöhnlichen zu suchen. Man sucht nach Leuten, die verrückt genug sind einen Guinness Rekord zu brechen. So steigt die Anzahl der verkauften Zeitungen an.
Wie bei einem Adventskalender werden die Tage bis zum Anfang der neuen Fußballsaison gezählt. Bis dieser Tag erreicht ist, hat fast jeder Trainer in der Zeitung sein Statement zur neuen Saison abgegeben. Das diesjährige Sommerloch ist gestopft, mal sehen, was wir nächstes Jahr schreiben.
Wahrscheinlich das:


Kurioses zum Weiterlesen:
Junges Gemüse – Lustige Fehler 5 (und natürlich auch die Links zu den anderen Fehler-Blogposts)

Bildnachweise:




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