Heute geht es um das Tanzverbot am Totensonntag oder das
Tanzverbot am Karfreitag. Warum gibt es das? Welchen Ursprung hat das
Tanzverbot? Und: Warum gibt es das immer noch?
Letzten Sonntag fand er wieder statt, der Gedenktag für alle
Verstorbenen. Im Volksmund spricht man vom Totensonntag,
die Kirche spricht hingegen vom Ewigkeitssonntag.
Für die Christen endet mit diesem Sonntag das Kirchenjahr, das mit
dem 1. Advent von vorn beginnt. Dieser Tag im Jahr bietet uns die Zeit zu
trauern um liebe Verwandte oder um zu erinnern an Verstorbene. Eine schöne Tradition, die übrigens der Preußische
König Friedrich Wilhelm III. 1816 begründete.
Von der Regierung wurde festgelegt, dass der Totensonntag und
andere Trauertage besonders geschützt sind. In den Feiertagsgesetzen der
Bundesländer wird der Totensonntag als Trauertag zum „stillen Feiertag“ erklärt.
Das Tanzverbot betrifft je nach Bundesland meistens die Karwoche um den Karfreitag herum, den
Volkstrauertag, den Totensonntag aber auch Heiligabend. Baden-Württemberg und
Hessen hat es am schlimmsten getroffen, da gilt das Tanzverbot an fast allen
Feiertagen. Und dann sind nicht nur Partymusik und Tanz, sondern sogar
Sportveranstaltungen verboten. Die Begründung war anfänglich, dass
bestimmte Tänze nicht schicklich sind und dass Tanzen an Trauertagen zur
Verrohung der Sitten beitrüge. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1952. Damals
waren Tanzveranstaltungen
- insbesondere auf dem Land - deutlich hörbare Veranstaltungen in Zelten und
Sälen.
In den letzten Jahren stießen immer wieder verschiedene
Gruppen an, das Tanzverbot zu beenden oder zu lockern, darunter die Piratenpartei,
die jungen Grünen und Teilnehmer auf mehreren Großdemonstrationen.
Bis heute blieb dieses Gesetz aber bestehen. Wie auch bei
der Existenz christlicher Feiertage, liegt das an gewachsener Tradition. Selbst
in sozialistischen Staaten wie China feiert man noch traditionell
buddhistische Feste. Natürlich wird immer wieder geklagt, dass aufgrund der
Religionsfreiheit kein religiöser Brauch einer einzigen Religion, einer
vielreligiösen Gesellschaft ein Verbot erteilen dürfe. Argumentativ richtig.
Dann müssten wir aber auch sehr viele andere Errungenschaften aufgeben, die auf
christlich-jüdischer Religion beruhen - unter anderem den arbeitsfreien Sonntag. Das
will natürlich keiner. So bleiben vorerst Gebote und Verbote unserer
"abendländischen Tradition" bestehen.
Was mich daran aber wirklich stört, ist vielmehr die
Tatsache, dass das Tanzverbot sich meiner Meinung nach auch durch christliche
Religion nicht legitimiert.
Der Karfreitag ist der Tag, an dem Jesus laut Überlieferung
ans Kreuz genagelt wird und an seinen schweren Verletzungen stirbt. Nach
christlichem Glauben nimmt er mit dieser Handlung die Sünden von allen Menschen
auf sich. Also eigentlich ein Anlass sich zu freuen. Das ist
für die Christen immerhin das Beste, was ihnen passieren konnte, gleich nach
dem ewigen Leben im Paradies, nach dem Tod. Die Befreiung von allen Sünden ist
also ein Grund zum Freuen, Singen, Tanzen. Warum ist es also verboten?
Theologen argumentieren, dass wir zu diesem Zeitpunkt nicht
wüssten, dass Jesus wieder auferstehen wird und wir damit auch nicht die frohe
Botschaft der Auferstehung kennen würden. Faktisch ist es aber erstens so, dass
sich diese Story vor knapp 2000 Jahren ereignete und wir dank umfangreicher
Geschichtsschreibung durchaus gut informiert sind über den weiteren Verlauf
nach dem Kreuzestod und zweitens so, dass es ja nicht die Himmelfahrt ist, die
uns von den Sünden befreit, sondern das Sterben
am Kreuz. Die Argumentation ist also nicht haltbar.
Ähnlich auch der Totensonntag. Wir gedenken der Toten. Gut,
der Abschied von Verstorbenen ist meist ein eher ruhiger, trauernder, bei dem
wir uns vor Schmerz in die Stille verkriechen. Wie kommt es aber nun zum
christlich begründeten Tanzverbot am Totensonntag?
Ursprünglich verwehrten sich die Christen ja gegen einen
Totensonntag, erst mit der Reformation und schließlich mit dem Erlass durch den
preußischen König kam es dann zum aktuellen Feiertag. Theologen
sagen, dass diese heilsame Unterbrechung durch die stillen Tage dazu einladen soll
innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Im Gegensatz zur scheinbaren Bedeutung der
Bezeichnung Totensonntag soll sich dieser kirchliche Feiertag auf das
ewige Leben beziehen.
Doch das kann ich wiederum nicht nachvollziehen. Wenn in New
Orleans Dixieland-Bands über die Friedhöfe ziehen, weiß man, dass Christentum auch
anders sein kann. Nach christlichem Glauben ist ja der Tod der Eintritt ins
ewige Leben im Paradies, also eigentlich wiederum ein Grund sich zu freuen. Denn
endlich ist das schwere Leben auf Erden vorbei und die Freude des Himmels
erwartet den Toten. So ist auch hier jegliche abweichende Argumentation
sinnlos, die das Tanzen und die Freude verbieten will.
Wir sehen, dass das Tanzverbot theologisch nicht haltbar
ist. Vielmehr praktizieren evangelische und katholische Kirche hier eine Art
falsch verstandenen Glaubens. So lastet dann Christen das Vorurteil an, sie
wären immer ernst und würden sich nie freuen. Abgesehen davon, dass das nicht
stimmt, sollte man als Christ auch selbst etwas tun, um das Image loszuwerden. Ab
und an mal Lächeln, nicht immer alles hassen, was nicht den angestammten Regeln
folgt; Stillstand ist nämlich keine Lösung. Man muss einem die Freude über die
Sündenfreiheit und die Erlösung auch ansehen, sonst glaubt das doch keiner. Das gesetzliche Verbot sollte abgeschafft werden. Es widerspricht
nicht nur dem Gebot der Säkularisierung, und Religionsfreiheit,
auch sollten Gesetze, die auf gesellschaftlicher moralischer Einstellungen beruhen
im Laufe der Zeit öffentlich neu diskutiert und auf ihre Aktualität hin
untersucht werden.
Wer in Ruhe, allein und ohne zu tanzen trauern will, kann dies gerne tun,
wer anders trauern will, dem sollte die
Möglichkeit dazu gegeben werden, ohne, dass sich derjenige strafbar macht. Denn
jeder trauert auf seine Weise und es ist nicht des Staates Aufgabe uns vorzuschreiben,
wie wir zu trauern haben.
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