Dienstag, 29. September 2015

Deutschland einig Euroland – Wie die Münzen zu ihren Namen kamen



Am 1.1. 2002 betrat in 11 Ländern der Euro die Bühne. Das waren damals Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien. Erst später kamen Griechenland (2001), Slowenien (2007) Malta und Zypern (2008), die Slowakei (2009) Estland (2011), Lettland (2014) und Litauen (2015) dazu.

Begonnen hatte alles schon 1968. Da wurde die Zollunion beschlossen. 1970 wurde dann im so genannten Werner-Plan festgelegt, bis 1980 eine Währungsunion zu gründen. Einige Krisen später wurde 1979 das Europäische Währungssystem (EWS) eingerichtet und der ECU (European Curency Unit) geschaffen – ein Vorläufer des Euro, der als Rechnungseinheit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG), später EU, größere Schwankungen der nationalen Währungen verhindern sollte. 1988/89 erst wurde dann der Schritt zu einer Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion nach dem Vorschlag des Delors-Berichts beschlossen: Ab 1.7.1990 herrschte in den EG-Staaten freier Kapitalverkehr, im Dezember 1991 wurde der maßgebende Vertrag von Maastricht beschlossen. 1994 wird das Europäische Wirtschaftsinstitut (EWI) als Vorläufer der EZB geschaffen, 1995 wird der Name „Euro“ festgelegt und ein Zeitplan erstellt. Am 2.5.1998 wird die Einführung des Euro dann endgültig beschlossen, ab dem 1.1.1999 wurden mit der Gründung der EZB die Wechselkurse festgeschrieben, der Euro wird zur offiziellen Währung und als Buchgeld eingeführt, bargeldlose Zahlungen in Euro sind möglich. Offizielle Münzen und Scheine werden aber erst ab dem 1.1.2002 ausgegeben.

Warum heißt der Euro eigentlich Euro?
Die Bezeichnung der Vorgängerwährung ECU hatte man als zu technisch abgelehnt. Schade, denn Écu ist der Name einer französischen Münze, die über mehrere Jahrhunderte als Zahlungsmittel galt. Sie hatte ihren Namen von lat. scutum „Schild“; frz. écu „Schild“, „Wappenschild“. Die Benennung nach einer der bereits vorhandenen Währungen lehnte man wegen Bevorzugung ab. In Anlehnung an den auf einige Medaillen im Sport aufgeprägten Begriff Euro, entschied man sich für den heutigen Namen "Euro".
Die Untereinheit „Cent“ stammt von centesimus (lat. „der Hundertste“ bzw. „das Hundertstel“) ab. Besonders bekannt als Untereinheit des Dollar, wurde diese Bezeichnung in Abwandlungen aber schon seit langem in Europa verwendet: Céntimo, Centime, Centavo und Centesimo. Auch nach Einführung des Euro dürfen nach Vereinbarung der Länder verschiedene schon vorhandene Begriffe für die Untereinheit verwendet werden: In Frankreich und Belgien (centimes), Italien (centesimi), Portugal (centavos), Finnland (sentti) und Griechenland λεπτό (Lepto), die ehemalige Untereinheit der Drachme.

Und woher kamen eigentlich die Namen der früheren Münzen?
Die Bezeichnungen für die einzelnen Münzen in den Euro-Mitgliedsländern ist ein spannendes Thema.
Die Finnische Markka und die Deutsche Mark haben beispielsweise einen gemeinsamen Ursprung: Die Lübische Mark des Wendischen Münzvereins, die vom Ende des 14. Jh. bis ins 16. Jh. hinein die wichtigste Handelsmünze im Ostseeraum war. Dabei war Mark eigentlich eine Gewichtsbezeichnung: Zwei Mark waren ein Pfund. Von 1524 bis 1857 war die Kölner Mark (232 -235 g) das Grundgewicht für das ganze Deutsche Reich.
Deutsche Mark und Finnische Markka

Das Pfund als Gewichtseinheit hat übrigens nicht nur die britische Währung im Namen, sondern auch die italienische Lira und das irische Punt. Das Pfund hieß im lateinischen libra und wurde von Karl dem Großen bei der Münz-, Gewichts- und Maßreform 793/94 für das große Frankreich als Rechenbasis eingeführt. 1 Pfund = 20 Schillinge = 240 Pfennige (Denare). Von Libra stammt übrigens auch der Name Livre der alten französischen Münzen.

Der Schilling ist die zweitgrößte Gewichtseinheit nach dem Pfund. Vom 14. Jh. bis 1971 gab es ihn in England. Bis zur Einführung des Euro war er Zahlungsmittel in Österreich. Auch im Raum Hamburg gab es Schillinge von etwa 1300 bis 1855. Der Name stammt vom gotischen skilding und bezeichnet eine Art Schild. Auch der portugiesische Escudo trägt Schild im Namen (lateinisch scutum).

Viele Münzen sind also nach Gewichtseinheiten benannt. Die Drachme ist abgeleitet von δράσσειν, attisch δράττειν, „ergreifen, nehmen“; wörtlich „Genommenes“ im Sinne von „eine Handvoll“). Auch sie ist eine antike Gewichts- und Münzeinheit. Die spanische Peseta kommt von der Silbermünze „Peso“, den Karl I. in Nachahmung des deutschen Talers ab ca. 1535 einführte. Peso bedeutet: Gewicht. Sie wurde die wichtigste Handelsmünze im Mittelmeerraum, Afrika und im Nahen Osten. Dort wurde sie Piaster oder Duro (von Taler) genannt. Die ab 1707 geprägte Münze hieß Peseta (kleiner Peso) und war einen Viertel Peso wert.

alte Florin und moderne Gulden
Der Gulden kommt in seiner Bezeichnung wohl vom Wort gülden bzw. golden. Die ehemalige niederländische Währung Gulden (franz. Florin) gab es bereits in den italienischen Handelsstädten Florenz, Genua und Venedig seit 1252. Dort nach dem Prägungsort „Florenus“ benannt, trugen sie den Namen in der Abkürzung (fl) bis zur Währungsunion. Gulden waren durch reisende Kaufleute bis ins Rheinland (Rheinischer Gulden um 1380) und Süddeutschland verbreitet. Von der in Florenz geprägten Münze Florin leitet sich übrigens auch der Name für die ungarische Währung „Forint“ her. Die Untereinheit „Fillér“ kommt hingegen von der deutschen Münze Heller, oder Haller, die ihren Namen ebenfalls von ihrem Prägungsort, hier Hall am Kocher (heute Schwäbisch Hall), hat.
Kaum bekannt ist, dass die Bezeichnung „Dollar“ sich ebenfalls von einem Prägungsort ableitet. Der Dollar kommt vom Wort Taler, dies wiederum vom Joachimsthaler (da 1519 im böhmischen Joachimsthal geprägt). Der Joachimsthaler verlor irgendwann seinen Vornamen und hieß von Stund an nur noch Taler.

Weder nach Gewichten, noch nach Prägungsorten ist hingegen der Franken oder Franc benannt, der bis zur Euroumstellung in Belgien, Frankreich und Luxemburg gültig war und heute noch in der Schweiz verwendet wird. Sie wurde nach Johann dem Guten benannt, König der Franken oder „Francorum Rex“. Nachdem er 1356 von den Engländern bei Poitiers gefangengenommen worden war, wurde auf drei Millionen Goldmünzen Lösegeld ein „franc“ aufgeprägt, was so viel, wie „frei“ bedeutete. Nach der französischen Revolution besann man sich auf den Namen, der so gut zum Zeitgeist passte und nannte die Währung „Franc“. Andere Länder, wie Belgien und die Schweiz kamen durch die Lateinische Münzunion zu dem Namen.

Während Lettische „Lats“ und Litauische „Litas“ nach ihrem jeweiligen Landesnamen benannt wurden, als sie den Rubel ablösten, leiten sich die estnischen und slowakischen Kronen von der aufgeprägten Krone über dem Wappen her. Solche Benennungen nach aufgeprägten Symbolen kennt man auch vom „Kreuzer“ (Kreuz), Rappen (Raben, ein schlecht getroffener Adler) oder Batzen (Bär).

Die Herkunft der Namen unserer ehemaligen Münzen gerät langsam in Vergessenheit, dabei prägen sie, wie kaum ein anderer Gegenstand das, was uns zu dem gemacht hat, was wir jetzt sind: Eine europäische Gemeinschaft, die in Eintracht miteinander Handel treibt, statt sich in Kriegen abzuschlachten. Seit nunmehr fast 70 Jahren herrscht Frieden in Europa. Hoffen wir, dass das noch mindestens weitere 70 Jahre so bleibt.

Zum Weiterlesen:

Quellen:
„Euro – Unser Geld fürs nächste Jahrhundert“, herausg. Von der Aktionsgemeinschaft Euro, Mai 1998 Bonn.
Roger Rössing „Wie der Hering zu Bismarcks Namen kam“, Komet Verlag 2002, S. 9
Bildnachweise:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/6/67/Fin-mark1866.jpg Karsten Heuckeroth via Wikimedia Commons
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/e/e0/Goldgulden_Bayern-Holland_1378-1389.png Herzog Wilhelm I. von Bayern-Straubing und Miichalle via Wikimedia Commons

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