Unternehmen,
Archivare aber auch sehr ordentliche Privatleute haben in diesem Monat ein
Problem. In vielen Firmen erscheinen monatliche Newsletter. Diese werden fein
säuberlich in einem Ordner abgelegt, versehen mit Monatszahl und Jahreszahl.
Oder man versendet sie der Ordnung halber gleich mit diesem Kürzel an alle
Abonnenten. Dies allerdings dürfte in diesem Monat eher zur Heiterkeit und allgemeinen
Belustigung führen als zu tiefschürfender Erkenntnis.
Newsletter 08/15
Im
Allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet man Dinge, die „nichts Besonderes“ sind, „unbedeutend“
oder „langweilig“ als 08/15.
Aber
warum?
Der
Ausdruck kommt von Maschinengewehr MG 08/15. Das erste Modell 08/08 wurde 1908
eingeführt. Das Modell hieß 08/18. Das Besondere am MG 08/15 war, dass es
nichts Besonderes war.
Für
den ersten Weltkrieg wurde das Gewehr in Massen produziert und da wurde auch
mal an der Qualität
gespart. Hatte man also ein Gewehr in der Hand, an dem irgendetwas nicht ganz
korrekt funktionierte, konnte man nur mit den Schultern zucken und seufzen: „Naja,
ist halt ein 08/15, das kennt man ja nicht anders.“
Eine
andere Erklärung vermutet hinter dem Begriff eine Floskel für
die erste Industrienorm, für das Wort „Norm“ oder „Standard“ also, sprich: „nichts
Außergewöhnliches“, "nichts Besonderes", sondern Standard. In der Tat ist zwar der Kegelstift für den Verschluss des
MG 08/15 durch die DIN1 beschrieben worden. 08/15 war also „immer gleich“. In
den Volksmund kam der Begriff daher aber eher nicht, da über die Fertigung der
Gewehre im Volk nicht so viel bekannt war und die Existenz der ersten DIN in den Wirren des Krieges wohl komplett untergegangen ist bzw. völlig nebensächlich war im Kampf ums nackte Überleben.
Zum
Ende des Zweiten Weltkriegs kam das Gewehr noch einmal massenhaft in Umlauf und war zu diesem Zeitpunkt natürlich
hoffnungslos veraltet. Aus dieser Zeit schwingt beispielsweise die Bedeutung “veraltet“
und „nichts wert“ mit.
Als
gefestigte Phrase oder geflügeltes Wort
für „Alltägliches“ etablierte sich der Begriff erst in den 1950er Jahren, durch
die Weltkriegs-Romantrilogie „08/15“ von Hans Helmut Kirst (1914-1989). Die
Trilogie im Stil des braven Soldaten Schweijk erzählt über den Drill, den Kriegsalltag
und das Kriegsende aus der Sicht des Gefreiten Asch (dem das „r“ abhanden kam).
1954 wurde der Bestseller verfilmt und lief in allen großen westdeutschen
Kinos. Joachim Fuchsberger spielte die Hauptrolle.
Laut diesem Film wurden die ständigen Waffenübungen, der Drill und das Zerlegen und
Zusammenbauen der Waffe schnell langweilig. Dieses „Einerlei“ und die „ständige
Wiederholung“ wurden als „nullachtfünfzehn“ bezeichnet.
Und heute?
Im
August 2015 sind alle Newsletter und Akten mit dieser Aufschrift verflucht als
etwas Langweiliges und Unbedeutendes in die Geschichte einzugehen. Auf den Hochzeitsfotos
aller Paare, die in diesem Monat heiraten, wird auf der Rückseite 08/15 stehen.
Das Fotoalbum, das von Handy gezogen wird, trägt die Kennung 08/15 ebenso, wie alle
Akten und Belege, Rechnungen, Quittungen und dergleichen aus diesem Monat.
Selbstverständlich ist der Newsletter von diesem Monat anders betitelt, aber
intern hat der Ordner trotzdem diese Kennung. Die Firma, der die 08/15 nicht
auffällt, hat die Lacher auf ihrer Seite.
Einziger
Trost: Das Ganze passiert nur einmal jedes Jahrhundert.
Bildnachweise:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:08_15_Logo_001.svg
KG Divina-Film GmbH & Co via Wikimedia Commons
http://www.filminfos.de/cover/big/214/21455.jpg
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/90/MG_08-15.JPG
By Richard Huber (Own work) [CC BY-SA 3.0
(http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons