Donnerstag, 26. Februar 2015

Der Ton macht die Musik - Das Wunder der Betonung


Mein Professor an der Uni meinte immer, es sei ein Wunder, dass wir uns alle verstehen.
Zugegebenermaßen hängt die Verständlichkeit im Alltag von richtig vielen Faktoren ab, wie ich schon in meiner Magisterarbeit geschrieben hatte.

Neben den Faktoren, die auf den Seiten der Autoren von Texten oder Sprechern von Sprache die Verständlichkeit beeinflussen (z.B. komplizierte Sachverhalte, Schreibstil, Einstellung zum Leser) gibt es auch noch die Faktoren, die der Leser oder Hörer mitbringt (z.B. nicht veränderbare Dinge, wie soziokulturelle und kognitive Faktoren, aber auch veränderbare, wie situative und emotionale Faktoren). Hinzu kommen noch die Faktoren, die der Text selbst mitbringt (z.B. semantische, syntaktische und typographische Faktoren und verschiedene Textmittel, wie Layout und Gliederung). Und bei der mündlichen Verständigung gibt's ja auch noch diese beiden sehr vagen Mitspieler Mimik und Gestik....uihuihuih.

Jede Zielgruppe hat ein anderes Schlussverfahren. Ein Text oder ein gesprochener Satz ist deshalb niemals aus sich selbst heraus verständlich, sondern immer nur verständlich für jemanden. Ein Satz kann auf so viele unterschiedliche Arten verstanden werden.

Ich kenne eine Person, die sich beispielsweise durch einen sehr direkten und burschikosen Sprachstil auszeichnet und oft als „vorwurfsvoll“ beschrieben wird. Der Ton macht bekanntlich die Musik. Aber hier ist nicht immer ein Vorwurf gemeint, es ist halt einfach der Sprachstil der Person.
Eine andere Person wiederum spricht sehr leise und hat eine blumige Sprachmelodie, dieser Person wird immer wieder zu wenig Durchsetzungsvermögen attestiert, obwohl sie dieses im Beruf schon oft unter Beweis gestellt hat.
Der Mensch wertet ständig und versucht seinen Gegenüber einzuschätzen. Dabei hilft das Einordnen in bekannte Schemata - von uns gemeinhin „Schubladen“ genannt. Menschen, die wir schwer einschätzen können, die in keine Schublade passen wollen, erscheinen uns auch  im Gespräch vielfach suspekt. Das liegt daran, dass ein Großteil unserer Sprache und ihrer Bedeutung, die wir verstehen, von der Sprachmelodie und dem Auftreten der Person abhängt. Denn wie mein Professor schon sagte, interpretieren wir viel mehr als dass wir wirklich verstehen. Bedeutung spielt sich zwischen Nuancen ab. Die Semantik weiß ein Lied davon zu singen.

Besonders interpretativ ist hier der Fall der Betonung.
Ein kleines Beispiel:

Da ist noch Butter im Kühlschrank.


Vier mögliche Interpretationsarten je nach Betonung des unterstrichenen Wortes:

Da ist noch Butter im Kühlschrank.
--> Ich hab sie doch vorhin noch gesehen und bin sicher, dass welche da ist.
Da ist noch Butter im Kühlschrank. 
--> Wieso ist denn da noch Butter? Wieso ist die immer noch da? Warum hast du die nicht gegessen?
Da ist noch Butter im Kühlschrank.
--> Dort ist die Butter, im Kühlschrank. Hol sie dir selbst.
Da ist noch Butter im Kühlschrank. 
--> Wieso ist die Butter denn im Kühlschrank? Die ist doch sonst nicht dort. Die hätte ich ja fast übersehen.

Ich hoffe, ich konnte anhand dieses kleinen Beispiels verdeutlichen, wie wichtig die Betonung für das gegenseitige Verständnis ist.

Je besser man seinen Gegenüber kennt, desto besser kann man ihn einschätzen was genau er jetzt wohl damit meint. Dann werden manchmal auch kleine Nuancen überhört, weil man weiß, dass derjenige das nicht so gemeint haben kann – und schon interpretiert man einen Satz anders.

Das zeigt zum einen wie wichtig es für unsere alltägliche Kommunikation ist, dass wir lernen Menschen einzuordnen – manchmal auch mit Hilfe von bequemen Schubladen. Es zeigt zum anderen aber auch, wie wichtig es ist, in Texten, wo uns die Betonung fehlt, die richtigen Worte zu finden.

Bildnachweis:
http://www.amc-forum.de/bilder/content/verstaendlichkeit.gif 


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