Im Alltag der deutschen
Standardsprache kommen wir mit etwa 75.000 Wörtern aus. Man schätzt die
Gesamtzahl der deutschen Wörter aber auf 300.000 bis 500.000 (vgl. Haß-Zumkehr: „Deutsche Wörterbücher -
Brennpunkt von Sprach- und Kulturgeschichte“ S. 386). Da ist es schwer
sich was Neues einfallen zu lassen. Trotzdem entstehen täglich neue Wörter aber
die wenigsten finden sich später in Wörterbüchern wieder. Woran liegt das?
Bei Wortneubildungen
unterscheidet man in Okkasionalismen (individuelle Zufallsbildungen),
Wandelerscheinungen (z.B. in Grammatik und Frequenz) und Neologismen. Letztere
unterteilen sich in Urschöpfungen mittels Wortbildung und Neubedeutungen (z.B.
durch Bedeutungsentlehnung) (aus einer Grafik
nach Kinne (1998), Link einer Abschlussarbeit mit einer hervorragenden
Übersicht über Wortbildungsprozesse im Deutschen, lesenswert). Ein
Neologismus muss entweder eine völlig neue Bedeutung oder eine völlig neue Form
enthalten, darf also nicht nur eine Umformung eines bereits vorhandenen Wortes
sein und er muss bereits gefestigt sein (es gibt feste Zahlen, wie häufig das
Wort in bestimmten Quellen auftauchen muss).
Die neuen Wörter müssen eine
schwierig Bewährungsprobe bestehen. Nach der Entstehung müssen sie sich
festigen, müssen akzeptiert werden und schließlich auch ins Wörterbuch
integriert werden.
Beispiel 1: „Sitt“
Der Duden startete um die
Jahrtausendwende einen Wettbewerb, das Wort zu finden für den Zustand „wenn man
nicht mehr durstig ist weil man gerade genug getrunken hat“. Lipton gewann mit
dem Vorschlag „sitt“ als Pendant zu satt, ein Wort, was man leicht beugen und
flektieren kann, klasse. Der Duden wartete erst einmal die Reaktion in der
Bevölkerung ab, ob sich das neue Wort einbürgert, bevor man es mit in den Duden
aufnimmt. In der Bevölkerung ist der Begriff zwar bekannt, wie eine blau-rot
gestreifte Ente, wird aber nicht wirklich angenommen, also nicht verwendet. Ein Nutzer von cosmiq.de
vermutet, dass es dafür einfach keinen Bedarf gibt, da es für „nicht mehr
durstig sein“ keine körperliche Empfindung gibt, im Gegensatz zu satt sein. Sinnvolle Vorschläge für diesen Zustand
gibt es im Internet dennoch viele. Wolfgang (auf wer-weiss-was.de) schlagt „tronk“ vor.
Osmin (auf cosmiq.de) sagt „abgedurstet“ dazu. Man könnte zwar aus dem
Schwedischen einfach „undurstig“ übersetzen, aber das wäre ja zu einfach.
Mein Vorschlag wäre ein
Wort, was es im Deutschen eigentlich schon gibt, was seine Bedeutung aber
verloren hat bzw. die Bedeutung wurde verschoben. Wenn man ein Kind stillt,
dann stillt man dessen Durst. Wer eine Flasche Wasser trinkt, stillt ebenfalls
seinen Durst. Das korrekte Verb für „nicht mehr durstig sein“ wäre also: Ich
bin still bzw. gestillt.
Beispiel 2:
Oft erwähnt aber eigentlich schon lange geklärt: Das Ding, welches auf das Laufband an der Supermarktkasse gestellt wird, um zu signalisieren: meine Waren, deine Waren, heißt „Warentrenner“ oder „Kundentrennstab“. MS-Word kennt es allerdings immer noch nicht.
Oft erwähnt aber eigentlich schon lange geklärt: Das Ding, welches auf das Laufband an der Supermarktkasse gestellt wird, um zu signalisieren: meine Waren, deine Waren, heißt „Warentrenner“ oder „Kundentrennstab“. MS-Word kennt es allerdings immer noch nicht.
Beispiel 3:
Was auch immer wieder als Frage kommt und mittlerweile immer noch nicht alle wissen, ist der Name für das Ding, mit dem man verstopfte Abflüsse reinigt. Antwort: Pömpel oder Pümpel (kommt aus dem Norddeutschen und bezeichnet eine Gummiglocke oder Saugglocke) Auch in der Sanitärtechnik oder in Baumärkten spricht man von einer Saugglocke. Das Wort wird aber regional auch noch für andere Gegenstände verwendet.
Was auch immer wieder als Frage kommt und mittlerweile immer noch nicht alle wissen, ist der Name für das Ding, mit dem man verstopfte Abflüsse reinigt. Antwort: Pömpel oder Pümpel (kommt aus dem Norddeutschen und bezeichnet eine Gummiglocke oder Saugglocke) Auch in der Sanitärtechnik oder in Baumärkten spricht man von einer Saugglocke. Das Wort wird aber regional auch noch für andere Gegenstände verwendet.
Beispiele
4 bis 18: Zähnchen im Inneren von CD-Hüllen nennt man „CD-Zentrierhaltung“. Die
Gummidichtung im Kronkorken heißen „Kronkorkendichtung“ bzw. „PE-Einlage“ weiß
neuchen (auf cosmiq.de). Das Ding, was Geschenkbändchen in viele kleine
Streifen schneidet wird unter dem Namen „Schredder“ verkauft wusste schr03 (auf
cosmiq.de). Der Kosmetikartikel, mit dem man sich bei der Maniküre die
Nagelhaut zurückschiebt, wird
„Rosenholz“ oder „Pferdefüßchen“ genannt, sagt neuchen (auf cosmiq.de).
Die Dinger an den Enden von Schnürsenkeln haben verschiedene Bezeichnungen, wie
„Endhülsen“ oder „Pinke“.
Die Apparatur am Einkaufswagen, wo man Geld einwirft, um den Wagen „frei“ zu
bekommen ist einfach ein „Münzschloss“ und das silberne, bewegliche Ding vom
Reißverschluss nennt man „Benadelung“ löst c-row in einem Forum. Eierpikser,
die durch Anpiksen der Schale verhindern, dass die Schale des Eis beim Kochen
springt, tragen den fachlichen Namen „Eierschalensollbruchstellenverursacher“.
Die Zehen nennt man jetzt analog zur Hand laut Quelle 3 übrigens Zeigezeh,
Mittelzeh und Ringzeh. Das Verlieren des Geruchssinns macht „anosmisch“, der
helle Bereich vom Fingernagel heißt „Nagelmond“, transparente
Tablettenverpackungen „Blister“ und das Bedienfeld zum Holen des Fahrstuhls
nennt man „Anholer“.
In einem 3sat-Wettbewerb hat man
versucht auf einige ungelöste Fälle eine Antwort zu finden. Mit Erfolg. Rund 70
neue Worte sollen gefunden worden sein. Darunter „Brötchenwatte“ für das Innere
des Brötchens und „Traumbaden“ oder „duseln“ für die Schwebe kurz vorm
Wachwerden. Dabei war der sprachbegeisterten Jury wichtig, dass die Wörter
nicht so klingen, als hätte man sie sich ausgedacht. Ein Wort muss so klingen,
als wäre es immer
schon da gewesen.
Die häufigsten Dinge ohne
wirklichen Namen sind übrigens Gerüche und Geschmäcker, die bei Parfüm und Wein
immer noch durch Umschreibungen ersetzt werden – und keiner stört sich dran.
Es gibt vielleicht ein paar
Bedeutungen (Gegenstände, Tätigkeiten oder Zustände) die wir noch nicht mit
Worten beschreiben können, aber andererseits gibt es so viele Wörter, die keine
Bedeutung haben, wie Liebe, Seele, Gerechtigkeit oder Glück – und daran stört
sich auch niemand.
Ein Wort, was ich übrigens durch einen Zufall „erfunden“ habe ist „gescheibter“
Käse. Es war ein Versprecher. Eigentlich wollte ich geschnittener Käse und Käse
in Scheiben sagen und raus kam „gescheibt“. Eigentlich ein cooles Wort. Wenn
Sie keinen Kommentar im Blog hinterlassen, dann würde ich mich freuen, wenn Sie
das Wort demnächst einfach mal verwenden. So, jetzt noch einen Schluck Wasser,
dann bin ich „still“.
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